23.12.2023
Jetzt sind wir in der Zeit der kürzesten Tage und der tiefsten Dunkelheit. In der Natur ziehen sich die Kräfte zurück ins Innere. Das ist die Zeit der Brache. Im Dunkel der Erde ordnet sich etwas neu, bereitet sich vor, für unsere Sinne unsichtbar und unzugänglich.
Auch unsre Lebenskraft kann eine Brache-Zeit gebrauchen, in der wir langsamer und stiller werden und uns von den vielen Reizen und Ablenkungen etwas zurückziehen. Gerade die Zeit „zwischen den Jahren“, die sogenannten Raunächte, lädt dazu ein. „Leg deine Müdigkeit in die Hände des Winters“ so beginnt ein Gedicht von Giannina Wedde.
„Tritt ein in die köstliche Langsamkeit,
in das Innehalten, das sich selbst genügt.
Nimm dir den Schlaf,
an dem dein Lebensmut gesundet.
Und hör dem Atem aller Dinge zu,
der auch dein Atem ist.“
(Dieses Gedicht ist aus dem Buch von Giannina Wedde, In winterweißer Stille. Ein Begleiter durch die dunkle Jahreszeit. Vier-Türme-Verlag)
Ich finde es ein schönes Bild, das eigene Sein den Händen des Winters anzuvertrauen. Wir können die eigene Aktivität mal etwas zur Ruhe bringen, still werden und unserem Inneren erlauben, sich in die Stille hinein auszudehnen, im einfachen Vertrauen, dass etwas Heilsames in uns geschieht.
Erlauben wir uns doch einfach mal, in den Tag hineinzuleben, ohne Programm, und wach zu sein für das, was uns entgegenkommt.
In diesem Sinne wünsche ich allen fröhliche Feiertage und einen ruhigen, entspannten Übergang ins neue Jahr!
"Das Leben ist wie Fahrradfahren. Wenn Du Deine Balance behalten willst, musst Du immer in Bewegung bleiben." Albert Einstein
11.04.2023
Ich glaube, dabei ist sowohl die körperliche als auch die geistige Beweglichkeit wichtig. In dieser krisenreichen Zeit, in der wir mit existentiellen Problemen konfrontiert sind wie nie zuvor, können wir nicht an alten liebgewonnenen Gewohnheiten und Überzeugungen festhalten. Es müssen neue Lösungen erdacht werden, die bisher vielleicht noch nie gedacht wurden. Gleichzeitig beschleunigen sich weltweit die Veränderungen, die u.a. durch die Folgen des Klimawandels geschehen, in rasantem Tempo. Das schafft viel Angst und Unsicherheit. Wie können wir da unsere Balance behalten?
Ich glaube, es tut gut, sich immer wieder auf die Gegenwart zu besinnen. Wir erfahren die Wirklichkeit durch unsere Sinne, und zwar jetzt, in diesem Moment. Zu keiner Zeit sind wir losgelöst oder unabhäging als Individuen, sondern immer verwoben und verbunden mit dem Ganzen, Teil des universellen Geschehens. Manchmal ist es vielleicht möglich, diese Verbundenheit zu spüren, z. B. auch beim Qigong üben, wenn alle Energien in uns ins Fließen kommen. Diese Erfahrungen stärken in uns unsere Quell-Kräfte, damit meine ich so etwas wie die ursprünglich sprudelnde Lebenskraft. Mit diesem Bewusstsein wird es leichter, auch mit Ängsten und Unsicherheit zu leben und mit Freude!
„Und glaube ja nicht,
dass der Garten im Winter
seine Ekstase verliert.
Er ist still.
Aber die Wurzeln sind aufrührerisch
ganz tief unten.“
(Rumi)
Dezember 2022
Kannst du auch in dir die Kraft des Winters spüren? Kannst du dir erlauben, dich mal zurückzuziehen aus dem alltäglichen Machen und Denken und dich still werden lassen?
Setze dich hin. Wende die Richtung deiner Aufmerksamkeit nach innen.
Spüre wie du sitzt, nimm den festen Boden unter dir wahr und die Luftigkeit, die Weite, die dich umgibt.
Spüre wie der Atem in dich einströmt und füllt, und wie er wieder geht.
Lass alles innere Tun beiseite. Dem Gedankenstrom, der vielleicht weiterläuft, lass keine Aufmerksamkeit zukommen.
Sei einfach da und werde Zeuge für das Leben, das sich gerade in dir vollzieht.
"Wenn wir präsent sind, sind wir für den anderen ein Präsent." (Nikolaus Brantschen)
17.10.2021
Obwohl wir Corona noch nicht überwunden haben, kehrt langsam wieder mehr Normalität ein. Die meisten sind geimpft und können wieder sorgloser mit anderen zusammen kommen. Auch in den Kursen genießen wir die Gemeinschaft der Gruppe. Die Präsenz der anderen, die gemeinsame Konzentration auf das Üben, der Resonanzraum, der duch das Zusammensein entsteht, ermöglicht jeder Einzelnen ein tieferes Einlassen auf die gegenwärtige Erfahrung. Wie sind nicht als Einzelwesen denkbar; wir wachsen in Beziehungen auf und entwickeln uns lebenslang durch Beziehungen. Glücklicherweise haben wir durch Internet und Telefon die Möglichkeit, mit unseren Mitmenschen in Kontakt zu bleiben und auch eine Art von Gemeinschaft zu erfahren. Aber nur die Präsenz eines anderen ermöglicht das direkte Erleben mit allen Sinnen. In einer wirklichen Begegnung kann etwas drittes enstehen, etwas, das ein Stück weit über den einzelnen hinausgeht. Das klingt vielleicht sehr abstrakt, aber ich glaube, gerade beim gemeinsamen Qigongüben ist das für die meisten deutlich spürbar.
Vielleicht können wir dieses Geschenk der Präsenz jetzt nach den Corona-Einschränkungen bewusster als ein Präsent wahrnehmen.
...der Frühling kommt wieder!
19.04.2021
Immerhin, auf den Frühling können wir uns verlassen! Obwohl auch er nicht planbar ist, er kommt! Dagegen ist der Lockdown noch immer nicht zu Ende; im Gegenteil, alles ist so ungewiss wie zu Beginn der Pandemie. Seit fast einem halben Jahr müssen die Kurse ausfallen, und die kränkelnde Palme im Raum für Bewegung und Stille muss nun schon so lange auf die gute Qigong- und Taichi-Energie, die durch unser gemeinsames Üben entsteht, verzichten. Ich bin sehr traurig darüber, aber ich gebe nicht auf, und hoffe noch immer, dass wir uns wieder treffen werden. Erst mal wahrscheinlich draußen auf der schönen Lichtung vom Gut Karlshöhe. Die steigenden Lebenskräfte, die jetzt überall in der Natur aufsteigen, werden uns stärken. Vielleicht können wir es schon spüren, wie sich neue Kraft in uns ausbreitet.
"Ich habe nur drei Dinge zu lernen: Einfachheit, Geduld und Mitgefühl. Diese drei sind deine größten Schätze."
Laotze
21.02.2021
Corona verlangt uns viel ab: ein einfacheres Leben ohne die gewohnten Extras wie Kinobesuch, Essengehen, Einkaufsbummel, Sport- und Gesundheitskurse, dafür : Spaziergänge, FreundInnen draußen in der Natur treffen, Bücher lesen, Briefe schreiben, ruhige Abende erleben und neue Ideen bekommen!
Die Unsicherheit, wie es weitergehen wird, verlangt von uns enorm viel Geduld. Auch wenn wir uns eine klare Perspektive mit festen Terminen wünschen, kann kein Mensch wissen, wie sich das Virus mit seinen Mutationen weiter ausbreiten wird. Mittlerweile sehnen wir uns alle danach, endlich wieder unbeschwert Freunde zu treffen, in die Schule zu gehen oder gemeinsam Qigong und Taichi zu machen. Also heißt es Geduld lernen und das Schöne der Tage genießen!
Mitgefühl ist vielleicht das Wichtigste, was uns Corona lehrt: Wir können uns nur selber schützen, wenn wir auch auf die anderen Rücksicht nehmen. Corona verbindet uns als Menschengemeinschaft weltweit. Es reicht nicht, dass nur in unserem Umfeld die Ansteckungszahlen sinken, wir müssen auch für alle anderen mitdenken.
Viele Menschen haben durch die Pandemie großes Leid erfahren und ich möchte nichts schön reden. Trotzdem steckt in dieser besonderen Zeit auch eine Chance: gemäß der alten Weisheit des Laotse die drei größten Schätze des Lebens zu erwerben!
„Das einzig Beständige ist der Wandel.“
02.11.2020
Genau das, was wir nicht wollten, ist jetzt leider doch wahr geworden: wegen der steigenden Corona-Infektionen müssen die Kurse im November ausfallen.
Natürlich bin ich traurig, dass wir jetzt wieder, wie im März, die Kurse so plötzlich abbrechen müssen. Wenn es aber hilft, die exponentielle Steigung der Infektionszahlen abzubremsen und damit eine Überforderung unseres Gesundheitssystems zu verhindern, dann müssen wir es akzeptieren.
So können wir gerade in dieser Zeit üben, aus dem gegenwärtigen Augenblick heraus wahrzunehmen, welche Möglichkeiten uns offenstehen, um nicht in der Trauer oder im Ärger über das Verlorene steckenzubleiben.
Mir hilft es, immer mal wieder innezuhalten, mich selbst wahrzunehmen und mir meiner Emotionen und Gedanken bewusst zu werden. Nur so kann ich einem Reaktions-Automatismus entgehen und mich für den Wandel offenhalten.
Genau das üben wir in den Taichi-Kursen: aus der Routine der Bewegung auszutreten und immer wieder im Moment zu spüren, wie sich die Bewegung im Zusammenhang mit dem inneren Sinken und Steigen entwickelt.
Abstandsregeln und Achtsamkeit
01. September 2020
Mittlerweile ist klar, dass wir noch für längere Zeit mit Corona leben müssen. Auch in den Kursen halten wir die Hygiene- und Abstandregeln ein und versuchen, achtsam miteinander zu sein. Wahrscheinlich haben sich die meisten schon an diese neuen Regeln gewöhnt. Trotzdem ist es für viele beunruhigend, nicht zu wissen, wie sich die Pandemie weiter entwickeln wird. Für viele bedeutet das auch beruflich und finanziell eine längerfristige Ungewissheit.
In dieser Situation tut es gut, die heilsamen Kräfte in uns zu stärken. Die erhöhte Aufmerksamkeit für uns selbst und achtsames miteinander Umgehen hat viele positive Aspekte. Das Abstandhalten macht uns bewusst, wie wichtig für uns die Nähe zu anderen Menschen ist. Sich einander nah zu fühlen kann sich auf unterschiedliche Weise ausdrücken, es muss nicht immer eine Umarmung sein. Wir merken duch das Abstandhalten deutlicher, wie wertvoll Begegnungen sind, in denen wir innere Nähe und Vertrauen spüren. Vielleicht macht uns diese Zeit sensibler dafür, diese Momente wahrzunehmen und zu genießen.
Wir können einfach ab und zu inne halten und uns spüren: wie bin ich in diesem Moment hier? Was bewegt mich gerade? Wohin geht meine Aufmerksamkeit? Und was ist mit den Menschen, die um mich sind?
Bei den langsamen Bewegungen des Qigong und Taichi üben wir diese Selbstwahrnehmung ein. Wir bewegen uns mit entspannter Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Könnten wir das vielleicht auch bei unserem normalen alltäglichen Tun praktizieren?
Stärkung in Corona-Zeiten
12.05.2020
Noch immer können durch die Corona-Pandemie keine regulären Gesundheits-Kurse stattfinden. Keiner kann voraussagen, wie sich die Situation mit den Lockerungen des Lockdowns entwickeln wird. Vorausschauende Planung, wie wir es sonst gewohnt sind, ist nicht möglich. Wir können nur von Tag zu Tag, von Woche zu Woche schauen, was möglich ist und wie wir die Möglichkeiten am besten nutzen können.

Dieser Schwebezustand ist manchmal schwer auszuhalten. Ich spüre an manchen Tagen Ungeduld und Verunsicherung, manchmal auch Ärger. Da hilft es mir, mich an die Achtsamkeitspraxis zu erinnern und nach innen zu spüren, ich nehme die Anspannung wahr, die der Ärger erzeugt und die Enge, die entsteht, wenn ich daran festhalte. Ich merke, dass mich diese Enge schwächt, mir Energie nimmt. Durch die Akzeptanz, dass es ist wie es ist, und das Loslassen kann mein Geist wieder weiter werden und ich fühle mich freier.

Mit der Corona-Pandemie und den entsprechenden Einschränkungen müssen wir noch eine Weile leben, auch wenn wir es nicht wollen. Akzeptanz heißt nicht, alles passiv hinzunehmen und sich als Opfer der Zustände zu fühlen. Akzeptanz dessen, was gerade ist, heißt eher, sich offen zu halten für alle Möglichkeiten, die sich daraus ergeben.

In den letzten Tagen begegnete mir der Satz, der Marie von Ebner-Eschenbach zugeschrieben wird:

„Nicht das, was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus.“

Es macht einen Unterschied, ob wir uns in dieser Situation auf die Angst und die Abwehr fokussieren oder den Blick eher auf die Chancen richten, die vielleicht auch in dieser neuen ungewohnten Situation zu entdecken sind. Den Geist offen und empfänglich halten stärkt uns auch in dieser Zeit, stärkt auch unsere Gesundheit und die Resilienz, unsere Widerstandskraft.

Diese innere Haltung üben wir beim Qigong, beim Taichi und in der Meditation. Ich hoffe, wir können es bald wieder gemeinsam praktizieren!
Von den Bäumen lernen
21.04.2020
„Wenn die Wurzeln stark sind, braucht man den Wind nicht zu fürchten.“

Die Kraft, die in dieser alten Weisheit angesprochen wird, können wir heute mit dem Begriff Resilienz benennen. Resilienz bezeichnet die Fähigkeit, gestärkt aus Krisen hervorzugehen.

Die jetzige Corona-Krise fordert unsere Resilienz heraus, unsere individuelle Widerstandkraft wie auch die unserer Gesellschaft. Kräftige Wurzeln der Gesellschaft zeigen sich unter anderem in einem gut ausgebauten und sozial gerechten Gesundheitssystem, in einer Wirtschaft, die sich an den Grundbedürfnissen der Menschen orientiert und auf politischer Ebene an gut verankerten demokratischen Strukturen.

Wie sind wir als Individuum verwurzelt? Was macht unsere Wurzeln aus? In wie weit sind wir bei uns selbst wirklich zu Hause? Vielleicht stellen sich diese Fragen in der Krise für uns auf neue Weise. Hilfreich ist dabei die Achtsamkeit, die wir auch im Qigong, beim Taichi und in der Meditation üben, Wahrnehmen und Annehmen was ist, um adäquat zu handeln und mit Achtsamkeit und Wertschätzung uns selbst und anderen zu begegnen.

Dazu gehört auch das Annehmen der eigenen Hilflosigkeit angesichts einer unbekannten Situation, aber auch das Wahrnehmen unserer tiefen Bedürfnisse wie Kontakt, Berührung, Verbundenheit und Gemeinschaft. In dieser Zeit des Abstandhaltens wird besonders deutlich, was uns wirklich wichtig ist, und andererseits was wir gar nicht brauchen.
Wenn jetzt die Einschränkungen wieder gelockert werden, tut es sicher gut, weiter achtsam zu bleiben und bewusst auszuwählen, was uns gut tut (und auch für das Klima gut ist!) und was wir auch weiterhin weglassen wollen. Die Situation ist vielleicht vergleichbar mit dem Fasten. Wer schon mal für ein paar Tage oder eine Woche gefastet hat, weiß, dass das Fasten brechen mit die schwierigste Herausforderung ist. Um nicht gleich wieder in die alten Verhaltensmuster zurückzufallen, ist es wichtig, die Achtsamkeit sich selbst gegenüber zu behalten und mit Bewusstheit und Ruhe mit dem Essen zu beginnen.

Genauso können wir uns auf die Zeit nach den Einschränkungen vorbereiten und uns schon jetzt die Frage stellen: Wie wollen wir leben? Bei einem gesunden Baum wachsen die Wurzeln im Gleichgewicht mit der Krone. Je tiefer er verwurzelt ist und mit den nötigen Nährstoffen versorgt wird desto freier kann sich seine Krone entfalten. Vielleicht können wir als Einzelne und als Gesellschaft von den Bäumen lernen!